Wenn ich an Normierungen denke, kommen mir als erstes Elektrogeräte und andere Haushaltsgeräte in den Sinn. Durch das Einhalten und die Zertifizierung entsprechender Normen, kann ich davon ausgehen, dass diese Geräte ohne Bedenken zu verwenden und zu installieren sind. Ohne, dass sie mir um den Kopf fliegen, schmelzen, anfangen zu brennen oder ähnliches (hoffentlich!).
Kurz gesagt: Die Geräte wurden getestet und entsprechend zertifiziert, erst dann ist es möglich, diese Geräte überhaupt auf den Markt zu bringen. In unserem Artikel geht es auch um die Normierung, aber nicht etwa um Kühlschränke oder Grills, sondern um die Normierung im UX Bereich. Nun mag man sich fragen: wie kann man einen so undefinierten, sich permanent ändernden und weiterentwickelnden Bereich normieren? Schließlich ist es kein fertiges Produkt, das man testet, einen Normenstempel draufpackt und gut ist.
Nein, es gibt keine internationale Norm einzig und allein für UX Design, aber es gibt die gewaltige ISO 9241 Norm, bei deren Umfang, Tiefe und natürlich wunderbar bürokratischem Schreibstil (kann man das Stil nennen?) wahrscheinlich nicht nur ich schlucken müsste. Und ja: es geht um Richtlinien der Mensch- Computer-Interaktion, also auch um die User-Experience.
Während die ISO 9241 nicht speziell für UX Designer konzipiert ist, deckt sie verwandte Themen ab wie nutzerzentriertes Design, Usability Themen und andere Grundsätze bei Mensch-Maschine-Interaktionen. Die Ziele der ISO 9241 gehen mit denen von UX Designern einher, nämlich vor allem nützliche, gut benutzbare und barrierefreie Produkte zu entwickeln. Die Grundsätze sind absolut kontext-, technologie- und nutzerunspezifisch!
Nach einer kurzen Auskunft kannst du unsere UX Checkliste direkt herunterladen.
● Ihr Projekt auf den aktuellen Status überprüfen
● die wichtigsten Anforderungen auf den ersten Blick sehen
● die UX Struktur und nuerzentrierte Prozesse einführen oder verbessern, wenn du die Punkte angehst
Du bist UX Designer oder Produktverantwortlicher mit UX Entscheidungsgewalt und findest, das was du tust ist komplex? So ist auch die Norm, aber es lohnt sich, einen Blick reinzuwerfen, wenn du digitale Produkte entwickelst, egal ob du eher operativ tätig bist oder mehr auf der Prozess/Management Seite bist. Denn im besten Fall sollte dein Produkt die Vorgaben aus der ISO 9241 Norm erfüllen und ihre Prinzipien widerspiegeln.
Die Norm wurde schließlich von vielen Fachexperten aus 160 (!) nationalen Normungsorganisationen aus dem UX Bereich entwickelt, sozusagen von Experten für Experten und alle, die auf dem Weg dort hin sind. Auch ist das Werk offen für Kommentare und Anmerkungen und wird stetig aktualisiert. So erschien die neueste Version der ISO 9241-110 (der wahrscheinlich wichtigsten Norm für UXler neben der ISO 9241-210) erst im März 2020.
Tatsächlich ist aber (noch) keine UX Designer*in oder Produktverantwortliche:r daran gebunden, diese Norm zu befolgen oder nach ihren Prinzipien zu handeln. Es geht eigentlich mehr um eine Orientierungshilfe, als ein striktes Set an Regeln. Es wird niemandem erzählt, wie man UX Design macht oder User Interfaces entwickeln muss, die Norm soll führen und systematisieren statt strikt zu leiten. Jeder UXler kann selbst entscheiden, wie er oder sie die Mittel nutzt und umsetzt.
Wir klären ein wenig später, wie die Realität aussieht und warum gerade der B2B Bereich bald auf die ISO 9241 Norm setzen wird.
Wenn man sich mit der Norm auseinander setzt, kann man sich sogleich das Wissen von Branchenexperten zu eigen machen und viele Best Practices übernehmen, die einem selbst möglicherweise noch nicht bekannt waren. Es ist eine solide Methodik, man könnte sagen eine Bibliothek.
Wenn man mit der ISO 9241 arbeitet, erhöht das die Glaubwürdigkeit und den Grad an Professionalität einer UX Designer:in oder Produktentwickler:in. Immerhin bestätigt es die Arbeit nach vielen Best Practices und Prozessen, die von Fachleuten eingesetzt werden.
Design hat den Ruf, subjektiv zu sein und sich nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu stützen. Wir bei interfacewerk verfolgen stets einen wissenschaftlich fundierten und wissensbasierten Ansatz, ohne uns auf reines Bauchgefühl oder „schönes” und rein ästhetisches Design zu fokussieren. Sich dabei auch auf eine internationale Norm zu berufen, erhöht die wissenschaftliche Sicht auf UX Design. Die Norm hilft dabei, UX Prozesse und wichtige Prinzipien stets parat zu haben und nicht bei jedem Projekt das Rad neu erfinden zu müssen.
Ist man ISO 9241 konform und nutz man die dortigen Normen, ist man definitiv gut aufgestellt. Das kann man auch ruhig nach außen hin kommunizieren. Die Einhaltung der Norm ist definitiv einerseits nützlich für die eigene Arbeit und andererseits unterstützend in der Außenwirkung und ein Qualitätsmerkmal von Software.
Insbesondere Software im B2B Bereich setzt mittlerweile auf die ISO 9241 Norm, um ihre Grundtauglichkeit zu bestätigen. Wir sind außerdem der Überzeugung, dass die Norm in Zukunft viel mehr Aufmerksamkeit erhalten und als Grundanforderung für jegliche (B2B) Software gelten wird. Die Norm wird zu einem Industriestandard werden! Daher sollte man sich schon frühzeitig, also am besten jetzt (!) mit ihr befassen.
Wenn man beginnt sich mit dieser Norm auseinanderzusetzen, wird einem schnell klar: wenn man Teile der Norm erfüllen will, steht man vor einer Herausforderung. Aber der Ruf, der der Norm vorauseilt, ist nicht fair. Ja, die ISO 9241 ist komplex, aber man sollte im Hinterkopf behalten:
1. nicht alle Teile beziehen sich auf die User Experience digitaler Systeme und sind somit tatsächlich relevant für UX Designer:innen oder Produktentwickler:innen.
2. Der Inhalt ist genial! Fachwissen, Best Practices, Handlungsrichtlinien, (UX) Prozesse, UI Design Richtlinien an einem Ort zentral und geballt festgehalten.
Jede Organisation muss selbst entscheiden, welche Teile für die eigene Arbeit entscheidend sind. Um diesen Prozess ein wenig abzukürzen, bietet fast jedes Kapitel eine Checkliste, die einen kleinen Vorgeschmack gibt. Nun wäre es sehr einfach, den Nutzen der Norm abzutun.
Normen haben den Ruf, nicht wirklich benutzerfreundlich zu sein. Sie sind entweder zu spezifisch oder doch zu allgemein, zu einschränkend oder verlieren sich in der Theorie ohne Beispiele und irgend etwas Konkretes zu veranschaulichen. Wir sind jedoch der Meinung, dass die ISO 9241 sehr wohl einen Nutzen hat.
Welche Teile der Norm sind nützlich für den UX Bereich?
Diese Teile sind für UX Designer besonders wichtig
Allgemeine Grundsätze:
●DIN EN ISO 9241-110: Grundsätze bei der ergonomischen Gestaltung interaktiver Systeme
●DIN EN ISO 9241-210: Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme (Im Vordergrund steht in der Tat die Gebrauchstauglichkeit, die für alle UX Designer*innen und Produkverantwortliche Prio hat)
Tiefergehende UX/UI Themen:
●ISO 9241-11: Methoden für Usability Tests
●ISO 9241-171: Leitlinien für die Zugänglichkeit von Software für jeden
●ISO 9241-161: Leitfaden zu visuellen User Interface (UI) Elementen
Das sind aus unserer Sicht die praxistauglichsten Kapitel für den UX Bereich. Je nach Projekt und Arbeitsschwerpunkt, können jedoch auch andere Teile dazukommen. Wie erwähnt, ist die Norm eine Art Bibliothek, in der man eventuell ein wenig stöbern muss.
Wie bei jeder Norm, ist diese nicht frei zum Download erhältlich, sondern wird vom offiziellen Normen-Verlag angeboten. Zu Einsicht liegt die Norm aber auch an sog. Normen-Infopoints aus, die über ganz Deutschland verteilt sind. Eine Liste mit den Points findet sich hier. Komplette Inhaltsverzeichnisse aller Normen findet sich hier.
Doch es reicht nicht, die Norm zu kaufen und dann in der Schublade verschwinden zu lassen. Wenn du ein komplexes B2B Softwareprodukt entwickelst, empfehlen wir, mit UX Expert:innen zu sprechen, die Erfahrung mit der ISO 9241 Norm haben und Sie beraten können:
1. Welche Teile der Norm für die relevant sind.
2. Prozesse aufsetzen, um die relevanten Teile umzusetzen.
3. Mit Ihnen gemeinsam ein Beispielprojekt durchlaufen, bis du deine Ihre UX Strategie intern aufstellen.
Aus unserer Sicht sollte jedes Projekt z.B. die sieben Grundprinzipien Interaktionsprinzipien für die Gestaltung von User Interfaces umsetzen. Dafür haben wir Checklisten entwickelt und beraten bei der Gestaltung einer UX Strategie, die auf den Prinzipien der ISO 9241 aufbaut. Wir finden, dass die operativen UX Methoden und Praktiken aus der ISO 9241 Grundlage einer jeden UX Strategie eines Unternehmens sein sollten. Auch sehen wir die Tendenz, dass die Erfüllung der Norm in Zukunft eine Grundvoraussetzung an B2B Software sein wird. Daher raten wir unseren Kund:innen bereits heute, mit Teilen der Norm konform zu gehen und als Qualitätsmerkmal zu kommunizieren.
Nach einer kurzen Auskunft kannst du unsere UX Checkliste direkt herunterladen.